Behinderungsanzeige - gratis Muster

Bauvorhaben laufen nicht immer reibungslos ab, denn ihr Gelingen ist von vielen Faktoren abhängig. Wenn Sie als Elektriker die Kabel in einem Neubau verlegen sollen, Ihnen aber die versprochenen Pläne nicht überreicht werden, können Sie Ihre Arbeit nicht ausführen. In einem solchen Fall sollten Sie unverzüglich Ihren Auftraggeber über die fehlenden Unterlagen informieren. Das können Sie im Rahmen einer Behinderungsanzeige tun. Sie wird also in der Regel vom Auftragnehmer an den Auftraggeber gestellt. Welche Gründe eine solche Anzeige rechtfertigen und welche Rechtsansprüche sich durch die Behinderung ergeben, erfahren Sie in unserem Ratgeber.

Was ist eine Behinderungsanzeige?

Eine Baubehinderungsanzeige dient dazu, den Auftraggeber davon in Kenntnis zu setzen, dass das Bauvorhaben aufgrund äußerer Einwirkungen nicht zum vertraglich zugesicherten Zeitpunkt fertiggestellt werden kann. Auch Verzögerungen, die durch den Auftraggeber entstanden sind, können auf diese Weise angezeigt werden. Dadurch soll er die Möglichkeit bekommen, zu reagieren und die Behinderung zu stoppen, sodass das Projekt normal weitergeführt werden kann.

In welchen Fällen ist die Behinderungsanzeige gerechtfertigt?

Laut § 6 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil B (VOB/B) sind Sie als Auftragnehmer dazu verpflichtet, Ihren Auftraggeber unverzüglich darüber zu informieren, wenn Sie Behinderungen für die Ausführung des Bauvorhabens befürchten. Außerdem ist die Anzeige nur unter bestimmten Voraussetzungen gerechtfertigt.

Gründe für eine Behinderungsanzeige

Falls Sie als Auftragnehmer selbst für die Verzögerung verantwortlich sind, können Sie keine Behinderungsanzeige machen. Anders sieht es bei den folgenden Gründen aus:

  • Witterung: Extremwetterereignisse oder lang anhaltendes schlechtes Wetter können als Hinderungsgrund gewertet werden. Für die Jahreszeit zu erwartende Wetterlagen sind jedoch kein Grund für eine Behinderungsanzeige.
  • Streik: Ein Streik gilt als höhere Gewalt und kann deswegen eine Behinderungsanzeige rechtfertigen.
  • Planung: Wenn der Auftraggeber es versäumt, bestimmte Materialien rechtzeitig bereitzustellen oder vorher vereinbarte Vorleistungen nicht erbringt, dürfen Sie eine Behinderungsanzeige machen.

Rechtsansprüche der Auftragnehmer

Durch eine Behinderungsanzeige ergeben sich für Sie als Auftragnehmer eine Reihe von Rechtsansprüchen, die Sie kennen sollten:

Rechtsanspruch Erklärung
Fristverlängerung Sie ist nicht allein von der Unterbrechung der Arbeit aufgrund der Behinderung abhängig. Zur Berechnung der neuen Ausführungsfrist werden außerdem weitere Faktoren hinzugezogen, die zu einem Zuschlag führen können. Wenn die Arbeiten zum Beispiel in eine Jahreszeit mit ungünstigeren Witterungsverhältnissen verlegt wird, sollte das berücksichtigt werden.
Abrechnung Je nachdem, welche Art von Behinderung vorliegt, kann es zu langen Unterbrechungen kommen. Alle Leistungen, die Sie bis dahin erbracht haben, sowie die Materialien, die Sie bereits zur Verfügung gestellt haben, können Sie in diesem Fall bereits in Rechnung stellen.
Schadensersatz Sofern der Auftraggeber für die Behinderung verantwortlich ist und grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorliegen, hat der Auftragnehmer Anspruch auf Schadensersatz. Dafür müssen Sie aber nachweisen, dass Ihnen aus der Behinderung Schäden entstanden sind.
Rücktritt vom Vertrag Falls die Behinderung zu einer Unterbrechung von mehr als 3 Monaten führt, können Sie vom Vertrag zurücktreten. Dafür sollten Sie ihm schriftlich kündigen. Gleichzeitig hat auch der Auftraggeber ein Recht auf Rücktritt vom Vertrag.

Behinderungsanzeige nach VOB/B

Eine Behinderungsanzeige muss schriftlich eingereicht werden. Darüber hinaus sollte sie unverzüglich, also sofort nach der Kenntnisnahme der Behinderung an den Auftraggeber verschickt werden. Wenn Sie dieser Pflicht als Auftragnehmer nicht nachkommen und auf die Behinderungsanzeige in schriftlicher Form verzichten, verlieren Sie Ihren Anspruch darauf, dass die Behinderung berücksichtigt wird. Einzige Ausnahme ist, wenn der Auftraggeber ohne Zweifel wissen musste, dass hindernde Umstände vorgelegen haben. Die Vorschriften nach VOB gelten natürlich nur, wenn für das Bauvorhaben ein VOB-Vertrag abgeschlossen wurde.

Behinderungsanzeige nach BGB

Wenn hingegen ein Bauvertrag nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) abgeschlossen wurde, greifen die Regelungen der VOB nicht. Im BGB sind außerdem keine besonderen Anforderungen für eine Behinderungsanzeige präzisiert. Unternehmen sollten aber dennoch eine schriftliche Anzeige aufsetzen und diese mit Beweisen untermauern.

Behinderungsanzeige nach §642 BGB

Im §642 BGB wird erläutert, welche Rechte sich für den Auftragnehmer ergeben. Falls eine Behinderung vorliegt, die ein Eingreifen des Auftraggebers erfordert, steht dem Auftragnehmer eine Entschädigung zu. Wie hoch diese sein kann, hängt davon ab, wie lange das Bauvorhaben unterbrochen werden muss.

Empfehlung: Mit digitalem Bautagebuch arbeiten

Mit einer digitalen Bautagebuch-App haben Sie nicht nur Zugriff auf aktuelle Wetterdaten, sondern können auch mithilfe eines praktischen Fotodokumentationstools die Fortschritte und eventuelle Behinderungen auf der Baustelle fotografisch festhalten. Diese Funktion ermöglicht es Ihnen, im Falle einer Behinderungsanzeige nachzuweisen, dass tatsächlich Hindernisse auf der Baustelle bestehen.

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Behinderungsanzeige Muster (kostenlos)

Behinderungsanzeigen müssen die Adressen beider Vertragsparteien sowie das Datum der Erstellung enthalten. Außerdem sollte der Grund der Behinderung darin festgehalten werden. Damit Sie sich einen Eindruck davon machen können, haben wir Ihnen Vorlagen für drei verschiedene Situationen vorbereitet.

Bestandteile einer Behinderungsanzeige

Eine gute Behinderungsanzeige beantwortet dem Auftraggeber die folgenden Fragen:

  • Was ist die Ursache für die Baubehinderung?
  • Warum hindert sie das Unternehmen an der Ausführung der geplanten Tätigkeit?
  • Was kann der Auftraggeber tun, um die Baubehinderung zu beseitigen?
  • Was für Auswirkungen hat die Behinderung auf den gesamten Ablauf des Bauvorhabens?

So läuft die Anzeige einer Baubehinderung ab – Leitfaden

Eine Behinderungsanzeige umfasst mehrere Schritte. Zur Vorarbeit gehört das Sammeln von Beweisen. Dann wird die Anzeige verfasst und an den Auftraggeber geschickt. Anschließend sollten beide Parteien offen miteinander kommunizieren, um das Problem schnell beseitigen zu können.

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Frühzeitig erkennen

Wie in den VOB festgelegt, müssen Baubehinderungen möglichst früh angezeigt werden. Das bedeutet, dass Unternehmer schon bei ersten Anzeichen reagieren und den Auftraggeber darauf hinweisen sollten, dass es aufgrund verschiedener Umstände zu einer Baubehinderung kommen könnte. So lassen sich früh Gegenmaßnahmen ergreifen. Möglicherweise lässt sich die hindernde Wirkung sogar vermeiden.

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Richtig dokumentieren

Falls es später zu Unstimmigkeiten kommt, sollten Sie als Unternehmer alle wichtigen Faktoren, die zur Behinderung geführt haben, ausführlich festhalten. Dokumentieren Sie alle relevanten Informationen in einem Bautagebuch und vermerken Sie darin, was zur Behinderung geführt hat, wie der Stand der Bauarbeiten beim Eintreten der Behinderung war und wie sich das auf das gesamte Bauvorhaben auswirkt. Gehen Sie dabei gerne ins Detail, sodass die Einzelheiten später auch für Dritte gut nachvollziehbar sind.

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Richtig versenden

Um sicherzugehen, dass die Behinderungsanzeige ihr Ziel erreicht, sollten Sie diese auf dem postalischen Weg per Einschreibung versenden. Dann bekommen Sie von der Post die Bestätigung, dass sie ihr Ziel erreicht hat.

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Kommunikation und Kooperation

Um eine schnelle Lösung zu finden, sollten sich beide Seiten offen zeigen und möglichst zeitnah auf gegenseitige Schreiben reagieren. Leider liegt das nicht allein in Ihrer Hand. Sie sind auch auf die Kooperation Ihres Auftraggebers angewiesen.

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Häufige Fehler

Bei einer Behinderungsanzeige kommt es oft zu den folgenden Fehlern:

  • Verzicht auf die Behinderungsanzeige: Manche Unternehmen zeigen Behinderungen nicht an und versuchen alles mündlich mit dem Auftraggeber zu regeln. Das geht in vielen Fällen gut, kann aber auch negative Konsequenzen wie Schadensersatzforderungen und Vertragsstrafen nach sich ziehen.
  • Mündliche Anzeige: Im Zweifelsfall müssen Sie beweisen können, dass die Behinderungsanzeige schriftlich zugestellt wurde. Das wird bei einer rein mündlichen Anzeige schwierig.
  • Falsche Gründe: Sie dürfen nur eine Behinderungsanzeige aufsetzen, wenn einer der Gründe vorliegt, die von der VOB anerkannt werden. Für die Jahreszeit normale Witterungen gehören nicht dazu. Extremwetterereignisse hingegen schon.

Tipp: Alle Daten zur Baubehinderungsanzeige an einem Ort Speichern

Bei der Einreichung einer Baubehinderungsanzeige fallen oft eine Vielzahl von Dokumenten an. Um hier den Überblick zu behalten und Chaos zu vermeiden, empfiehlt es sich, alle Unterlagen an einem zentralen Ort zu speichern. Eine optimale Lösung bietet eine Handwerkersoftware, die nicht nur die Dokumentenverwaltung ermöglicht, sondern auch die Organisation von Terminen und die umfassende Online-Verwaltung des Bauprojekts erleichtert.

Mehr zur Handwerkersoftware

Was macht der Auftraggeber nach einer Behinderungsanzeige?

Nachdem der Auftraggeber die Behinderungsanzeige erhalten hat, wird er in der Regel überprüfen, ob die angezeigten behindernden Umstände wirklich vorliegen. Anschließend kann er die Behinderungsanzeige entweder annehmen und sich um die Beseitigung des Hindernisses kümmern oder die Anzeige zurückweisen.

Behinderungsanzeige annehmen

Eine Annahme der Behinderungsanzeige bedeutet, dass die Leistungsfrist entsprechend verlängert wird.

Fragen klären

Falls noch Unklarheiten bestehen, können beide Parteien miteinander sprechen. Infolgedessen wird dann wiederum entschieden, ob die Behinderungsanzeige anzunehmen oder zurückzuweisen ist.

Behinderungsanzeige zurückweisen

Der Auftraggeber hat das Recht, die Behinderungsanzeige zurückzuweisen, wenn die darin genannten Gründe nicht die Vorgaben der VOB erfüllen. In diesem Fall ist eine Behinderungsanzeige nämlich nicht gerechtfertigt. Für Sie als Auftragnehmer würde das bedeuten, dass Sie Ihre Vertragspflichten nicht erfüllen und den vorher vereinbarten Fertigstellungstermin nicht einhalten.

Muster für die Zurückweisung einer Behinderungsanzeige

Auch die Zurückweisung einer Behinderungsanzeige sollte die Adressen beider Vertragsparteien, Angaben zum Bauprojekt sowie das Datum enthalten. Sie kann zum Beispiel so aussehen:

Sehr geehrte Damen und Herren,

Sie haben uns in Ihrem Schreiben vom ____ davon in Kenntnis gesetzt, dass Sie in der Ausführung Ihrer Bauleistungen behindert sind. Wir haben Ihre Behinderungsanzeige geprüft und erkennen die angegebenen Gründe nicht an. (Ausführen, welche Gründe angegeben wurden und warum sie nicht haltbar sind. Bei einer Behinderungsanzeige aufgrund der Witterung kann zum Beispiel erwähnt werden, dass die vorherrschenden Wetterverhältnisse für diese Jahreszeit normal sind.)

Dementsprechend liegt keine Behinderung wegen ____ vor. Wir fordern Sie auf, dass Sie Ihre Bauleistungen vollständig und zur vertraglich vereinbarten Zeit fertigstellen.

Mit freundlichen Grüßen

__________________
(Unterschrift)

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Tipps bei der Vorgehensweise

Zum Schluss haben wir noch einmal zusammengefasst, welche Tipps Sie beim Erstellen einer Behinderungsanzeige beachten sollten:

  • Behinderungen frühzeitig anzeigen
  • Behinderungen sorgfältig dokumentieren
  • Prüfen, ob die Gründe eine Behinderungsanzeige rechtfertigen
  • Offen und ehrlich kommunizieren

FAQ zur Behinderungsanzeige

Im Folgenden haben wir für Sie noch einmal die wichtigsten Fakten zur Behinderungsanzeige zusammengefasst:

Mithilfe einer Behinderungsanzeige setzt der Auftragnehmer den Auftraggeber davon in Kenntnis, dass er durch einen nicht durch ihn verantwortbaren Grund an der Ausführung seiner Bauleistungen behindert wird.

Ja, das ist möglich. Eine Behinderungsanzeige wegen der Witterung ist aber nur gerechtfertigt, wenn es sich um außergewöhnliche und nicht vorhersehbare Wetterereignisse handelt.

In der VOB/B ist geregelt, dass Behinderungsanzeigen zu stellen sind, wenn der Auftragnehmer der Meinung ist, dass er in der Ausführung seiner Leistungen behindert ist.

Eine Behinderungsanzeige ist unverzüglich bei ersten Anzeichen für eine Behinderung zu stellen.

Falls die Behinderungsanzeige begründet ist, wird sie angenommen und die Fristverlängerung akzeptiert. Wenn jedoch keine vertretbaren Gründe vorliegen, kann sie zurückgewiesen werden.

Fazit

Eine Behinderungsanzeige ist für beide Vertragsparteien von Vorteil, da sie im besten Fall dazu führt, dass bestehende Behinderungen schnell beseitigt werden und das Bauprojekt fortgeführt werden kann. Der Auftragnehmer sollte immer eine schriftliche Anzeige verschicken und entsprechendes Beweismaterial zusammenstellen, sodass er bei etwaigen Unstimmigkeiten nachweisen kann, dass die Behinderung wirklich vorgelegen hat. Keine Behinderungsanzeige ist zu stellen, falls die Bauleistungen durch Gründe behindert werden, die vom Auftragnehmer selbst zu verantworten sind.

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